Auf Spurensuche: Erwachsenenbildung und Wahlprogramme
13.09.2024 | EB in Österreich
Ein kleiner Kompass zur Nationalratswahl 2024
Der Verband Österreichischer Volkshochschulen hat seine Forderungen gegenüber den politischen Entscheidungsträger*innen in seinem bildungspolitischen Programm festgehalten. Zu den wichtigsten Punkten gehören hier etwa die Gleichbehandlung von allgemeiner und beruflicher Bildung, die gleichberechtigte Teilnahme der Erwachsenenbildung an zentralen Bildungsinitiativen des Bundes sowie die Erhöhung der Bundesförderung für die Erwachsenenbildung auf ein Prozent des Bildungsbudgets. Wir haben uns auf Grundlage dieser Forderungen die Wahlprogramme der Parteien angesehen und überprüft, ob bzw. welche Positionen zur Erwachsenenbildung hier vorhanden sind. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Wahlprogramme sich stark in ihrer Länge bzw. im Detailierungsgrad unterscheiden.
Die ÖVP berücksichtigt allgemeine Themen der Erwachsenenbildung bei zwei Berufsgruppen, zunächst konkret beim Kapitel Öffentlicher Dienst: „Weiters brauchen wir mehr qualitativ hochwertige Fort- und Weiterbildungsangebote, die auch für Personen mit Betreuungspflichten leicht zugänglich sind.“ Darüber hinaus heißt es beim Kapitel Landwirtschaft „Beste Bildung ist auch für die Zukunft der Land- und Forstwirtschaft ein wichtiges Thema. (…) Die verstärkte Bewerbung von Lehre mit Matura bzw. Lehre nach der Matura eröffnet auch in der Land- und Forstwirtschaft neue Bildungs- und Ausbildungsperspektiven.“ Den „Ausbau der Maßnahmen zur Bekämpfung der Wissenschaftsskepsis“ (z.B. durch eigene Science Center)“ betrachtet die ÖVP ausschließlich im Kontext mit dem Hochschulsektor. Darüber hinaus erkennt die ÖVP „Reformbedarf bei der Bildungskarenz“. Hier möchte sie die Leistungsanforderungen verschärfen, um die „hohen Kosten“ einzudämmen. Ebenso sollen die Anforderungen beim „Ablegen der Deutschprüfung beim Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF)“ erhöht werden. Namentlich kommt die Erwachsenbildung nur beim Punkt Digitalisierung vor: „Stärkung der digitalen Kompetenzen und Forcierung der Digitalen Kompetenzoffensive auch im Bildungssystem und in der Erwachsenenbildung.“
Erwachsenenbildung wird von der Sozialdemokratie - durchaus umfassend - als „Schlüssel, um fachlich und persönlich stetig weiterzuwachsen und sich selbst vielleicht auch einmal neu zu erfinden“ betrachtet. Die SPÖ sieht lebenslange Weiterbildung als „Recht“ und „Bildung als Ermächtigung in jeder Lebensphase“. Die Sozialdemokratie fordert in diesem Kontext u.a. die Anhebung der staatlichen Förderung der Erwachsenenbildung, die kostenfreie Berufsreifeprüfung und den Ausbau von Basisbildungs- und Pflichtschulabschlussangeboten ohne Teilnahmegebühren, flächendeckende Deutschkursangebote sowie eine stärkere Berücksichtigung und Anerkennung von Kompetenzen, die im Rahmen der Berufspraxis erworben wurden. Bei den Themen Medienkompetenz bzw. Digitalisierung heißt es: „Im Bereich der Erwachsenenbildung schaffen wir flächendeckende, niederschwellige und barrierefreie Kursangebote und spezielle Maßnahmen für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen – jeder Mensch muss die gleichen „digitalen“ Chancen erhalten.“ Die SPÖ fordert zudem ein Qualifizierungsgeld für alle und will hier bestehende Finanzierungssysteme zur beruflichen Weiterbildung zusammenlegen; „als zweite Ausbildungschance für alle“.
Die FPÖ hält einige sehr allgemeine Punkte fest (z.B. höhere Lebenserwartung durch gute Bildung) und spricht sich für die „gezielte Förderung von Talenten und Begabungen“ durch „leistungsorientierte Stipendien“ aus. Ebenso fordert sie Erleichterungen bei der Lehre mit Matura und eine lebenslange Weiterbildung – allerdings nur für Lehrer*innen. Bemerkenswert ist zudem folgende Feststellung: „Gerade angesichts sich schnell wandelnder Anforderungen der Wirtschaft soll in den Bildungseinrichten der Schwerpunkt auf die Vermittlung von Allgemeinwissen gelegt werden, anstatt sich auf die Entwicklung nebulöser Kompetenzen zu konzentrieren. Wer über eine hohe Allgemeinbildung verfügt, ist rasch in der Lage, neue Kompetenzen zu erwerben, wenn es die Situation erfordert.“
Die Grünen fordern eine „Revolutionierung des aktuell völlig unzureichenden Stipendiensystems: Das schaffen wir mit der Einführung eines Grundstipendiums, das allen ermöglicht, im Laufe ihres Lebens ein Studium abzuschließen.“ Erwachsenenbildung ist – analog zur SPÖ – ein eigener, wenn auch kleiner Abschnitt. Hier heißt es: „Lebensbegleitende Erwachsenenbildung muss in Österreich kostengünstig und flächendeckend zugänglich sein. Dafür braucht es eine strategische Ausrichtung, die vielfältige und qualitätsgesicherte Angebote fördert und weiterentwickelt. Das Erwachsenenbildungsförderungsgesetz von 1973 muss daher dringend an die modernen Rahmenbedingungen wie die Digitalisierung angepasst werden. Die Konferenz der Erwachsenenbildung soll gestärkt und autonom werden. Zudem gilt es, eine langfristige Finanzierung durch Valorisierung sicherzustellen.“ Ebenso sagen die Grünen: „Wir fordern daher flächendeckende, inklusive und barrierefreie Bildungsangebote – vom Kindergarten bis zur Universität und Erwachsenenbildung.“
Die Neos fordern unter der Überschrift „Erwachsenenbildung“ ein „Lebenslanges Flügelheben – ein Bildungskonto für individuelle Weiterbildung einführen“ sowie „Treffsicherer Zugang zur Fortbildung – Bildungskarenz für echte berufliche Fort- und Weiterentwicklung reservieren“.
KPÖ und Bierpartei haben zur Erwachsenenbildung keine spezifischen Forderungen in ihren Wahlprogrammen.