Stellungnahme der Spitzenkandidat*innen zur EU-Wahl
EU-Wahl: Spitzenkandidat*innen antworten den Volkshochschulen
Kandidatinnen und Kandidaten von SPÖ, NEOS, ÖVP und Grünen betonen den Wert der Erwachsenenbildung für die Gesellschaft
"Anlässlich der EU-Wahl werben die österreichischen Volkshochschulen nicht nur für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung. Sie haben auch alle Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der bereits fix antretenden Parteien und Listen bis Mitte April um ein Statement zur Erwachsenenbildung ersucht. Auf der Website des Verbands Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) bringen wir diese Stellungnahmen nun den 700.000 Teilnehmenden der Volkshochschulen näher“, erklärt VÖV-Generalsekretär John Evers.
Das sagen die Spitzenkandidat*innen den Volkshochschulen
Andreas Schieder (SPÖ)
„Die Erwachsenenbildung ist eine tragende Säule unseres Bildungssystems. Insbesondere als Sozialdemokrat ist mir Chancengleichheit in der Bildung ein zentrales Anliegen. Nicht jede*r hat die Möglichkeit den klassischen Bildungsweg zu beschreiten, daher muss es möglich sein, sich auch im späteren Leben stetig weiterzubilden. Gleichzeitig entwickelt sich unsere Welt immer schneller und insbesondere der technische Fortschritt ist unaufhaltsam. Lebenslanges Lernen ist daher unabdingbar und sogar essentiell für unsere Wirtschaft. Daher muss es auch dementsprechend gefördert werden.
Das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung, sowie lebenslanges Lernen ist sogar in der europäischen Säule sozialer Rechte verankert und wird durch multiple Projekte auf EU-Ebene gefördert und unterstützt. Eine der größten Erfolge in diesem Zusammenhang ist Erasmus+. Ein Programm, das nicht nur den Austausch zwischen Menschen in den unterschiedlichen EU-Ländern zu fördert, aber auch Erwachsenen eine einmalige Chance zur Weiterbildung ermöglicht.“
Helmut Brandstätter (NEOS)
„Uns NEOS ist gute Bildung – und dazu zählt selbstverständlich auch die Erwachsenenbildung – ein zentrales Anliegen. Wir sehen die Realität, dass die Erstausbildung nur in seltenen Fällen für das gesamte Erwerbsleben ausreicht. Wir sind der Meinung, dass lebenslanges Lernen leistbar, einfach zugänglich und transparent sein muss! Um mehr Transparenz sicherzustellen, schlagen wir ein Bildungskonto vor.“
Auf diesem werden alle Förderungen von Bund, Ländern, Gemeinden und Kammern gebündelt. Außerdem umfasst das Bildungskonto eine Startinvestition vom Bund sowie einen Zuschuss auf jeden Euro, den die einzelne Person (oder auch der/die Arbeitgeber:in) einzahlt.
Ein besonderes Anliegen ist uns dabei, dass jene Menschen, die ein niedrigeres Ausgangsniveau in Bezug auf ihre Bildung/Ausbildung haben, höhere Zuschüsse bekommen. Hier ein Überblick.
Reinhold Lopatka (ÖVP)
"Die Europäische Volkspartei steht für Subsidiarität im Bereich Bildung. Lehrinhalte und die Gestaltung der Bildungssysteme unterliegen der Verantwortung der Mitgliedstaaten, so wie auch in den Verträgen der Union geregelt und dies muss auch so bleiben. Neue Herausforderungen, wie zum Beispiel demografische Entwicklungen oder die fortschreitende Digitalisierung erfordern allerdings die Unterstützung durch europäische Instrumente und politische Fördermaßnahmen im Europäischen Bildungsraum. Daher muss die EU ihre Prioritäten dementsprechend anpassen und umsetzen, um so die Mitgliedstaaten gezielt unterstützen zu können.
Investitionen in lebenslanges Lernen sind ein wichtiger Schritt genauso wie Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung. Damit verbessern wir die Vermittelbarkeit der Bürgerinnen und Bürger auf dem Arbeitsmarkt. Die Union kann dazu beitragen, dass Menschen jeden Alters einen Zugang zu Erwachsenenbildung und Bildungsprogrammen haben speziell auch in ruralen Gebieten, das unterstützen wir auch als Europäische Volkspartei."
Lena Schilling (Die Grünen)
"Es gibt in Österreich die Tradition der Trennung von allgemeiner und beruflicher Bildung. Die Organisationen sind in der KEBÖ (Konferenz der Erwachsenenbildung Österreich) zusammengefasst. Österreich ist in dieser Legislaturperiode wesentliche Schritte im Bereich der Höheren Beruflichen Bildung und der Hochschulischen Bildung gegangen. Hier wurde vor allem eine bessere Durchlässigkeit in der hochschulischen Bildung und ein erleichterter Zugang zu Studien geregelt. Bei der Höheren beruflichen Bildung geht es um die Umsetzung von formalisierten Abschlüssen. Lehrlinge, als auch jene mit jahrelanger Berufspraxis haben erstmals Zugang zu formalisierten Weiterbildungen. Außerdem wurde nunmehr die Einreihung in den nationalen Qualifikationsrahmen durchgeführt. Selbstverständlich ist uns die gleichberechtigte Teilnahme an der Erwachsenenbildung ein großes Anliegen. In den letzten Jahren hat sich die Erwachsenenbildung zu einem der – gemessen an den Teilnahmezahlen - größten Bildungsbereiche in Österreich entwickelt. Ein Wermutstropfen ist, dass die Angebote vor allem von Menschen in Anspruch genommen werden, die bereits ein höheres Bildungsniveau erreicht haben. Auch Menschen mit wenig Geld, können die Angebote weniger oder gar nicht nutzen. Wesentlich zu erwähnen ist, dass in den letzten Jahrzehnten ein immer größeres Angebot für Schulabschlüsse und auch Alphabetisierungskurse österreichweit gegeben ist. Hier unterstützt die allgemeine Bildung vorbildhaft und es ist gelungen, die Finanzierungen dafür zu sichern und ein wenig auszubauen.
Eine Gleichbehandlung von allgemeiner und beruflicher Bildung kann sicherlich nicht auf allen Ebenen hergestellt werden. Insbesondere dann, wenn es um die qualitätsgesicherte Zertifizierung geht, die bei der beruflichen Bildung notwendig ist.
Die Förderungen für Volkshochschulen, aber auch andere Einrichtungen der Volks- und Erwachsenenbildung, die sich im Wesentlichen der allgemeinen Bildung widmen, sollen selbstverständlich verbessert und vor allem erhöht werden, und ja wir können uns der Forderung nach 1% des Bildungsbudgets anschließen. Dabei müssen wir sicherstellen, dass die Angebote einer Qualitätskontrolle unterliegt. Vor allem esoterische oder auch pseudomedizinische Angebote, haben in der Erwachsenenbildung nichts verloren."
Anmerkung: Die Stellungnahmen sind an dieser Stelle chronologisch - also nach ihrem Eintreffen beim VÖV - gereiht. Die FPÖ hat als einzige fest antretende Partei bis zum Stichtag keine Stellungnahme abgegeben.
Hoher Rücklauf ist ein positives Zeichen für die Anliegen der Volkshochschulen
„Der hohe Rücklauf auf unsere Anfrage zeigt die Wertschätzung für die Arbeit der Volkshochschulen und auch ihre breite politische Akzeptanz. Wichtig wäre es, wenn sich dies in einer noch besseren Nutzung und Finanzierung des Volkshochschulnetzes widerspiegeln würde. Neben individuellen Förderungen braucht es hier gezielte Investitionen in die Volkshochschulen, um dieses Netz für so wichtige bildungspolitische Anliegen wie Demokratiebildung oder die Digitalisierung optimal einsetzen zu können. Ebenso erreichen die Volkshochschulen durch ihr breites Angebot nachweislich alle Teile der Gesellschaft, insbesondere auch formal niedrig qualifizierte Personen. Gleichzeitig ist die Tatsache, dass uns die FPÖ als einzige Partei keine Rückmeldung gegeben hat, auch ein Hinweis darauf, dass der FPÖ die Volkshochschulen als größte Erwachsenenbildungsorganisation der Republik mit einer großen demokratischen Tradition kein wichtiges Anliegen sind“, kommentiert VÖV-Vorstandsvorsitzender Gerwin Müller das Ergebnis der Befragung.
Demokratieschwerpunkt der Volkshochschulen
Das Jahr 2024 steht für die Volkshochschulen im Zeichen der Demokratie. Als Orte des Dialogs bieten die 256 Volkshochschulen bzw. 1.000 VHS-Standorte ihren 700.000 Teilnehmenden Raum für Diskussion insbesondere in Formaten und Initiativen, die sich um Frieden, Demokratie und Menschenrechte bemühen. Alle Angebote an Volkshochschulen sind wissenschaftsbasiert. Darüber hinaus fordern die Volkshochschulen die Gleichbehandlung von allgemeiner und beruflicher Bildung, die gleichberechtigte Teilnahme der Erwachsenenbildung an zentralen Bildungsinitiativen des Bundes sowie die Erhöhung der Bundesförderung für die Erwachsenenbildung auf ein Prozent des Bildungsbudgets.